Technische Hilfsmittel können die elterliche Begleitung der Mediennutzung ihrer Kinder nicht ersetzen. Sie bieten den Eltern zwar verschiedene Kontrollmöglichkeiten. Damit können sie aber auch das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern gefährden. Dies zeigt ein aktueller Forschungsüberblick aus dem EU Kids Online-Netzwerk. Bieke Zaman und Marije Nouwen von der Katholischen Universität Leuven, Mitglieder des belgischen EU Kids Online-Teams, haben englischsprachige Studien über technische Hilfsmittel zur Medienerziehung ausgewertet.

Der Großteil aktuell verfügbarer Hilfsmittel ist demnach allein auf präventiven Schutz ausgelegt und rückt Einschränkungen der kindlichen Mediennutzung und die Vermeidung von Risiken in den Mittelpunkt. Ein Zuviel an Kontrolle und Schutz könne aber dazu führen, dass Kinder die potenziellen Chancen der Internetnutzung, etwa im Bereich der Kommunikation, der Information und der Beziehungspflege verpassen. Hinzu komme, dass Eltern durch die technische Überwachung ihrer Kinder möglicherweise Einblick in sensible Informationen Anderer erhalten.

Die Autorinnen fordern daher, dass technische Hilfsmittel zur Medienerziehung weniger auf die Bedürfnisse von „Helikopter-Eltern“ ausgerichtet werden sollten, die ihre Kinder (bewusst oder unbewusst) vollständig im Blick behalten und kontrollieren wollen. Da ein vollkommener Schutz vor Online-Risiken nicht möglich sei, sollten sie die Eltern eher dabei unterstützen, ihre Kinder so zu begleiten, dass sie besser mit solchen Online-Risiken und deren möglichen Folgen umzugehen lernen.

Wie wirksam sind technische Hilfsmittel in der Medienerziehung?

Ob die bestehenden technischen Hilfsmittel für Medienerziehung und den Schutz von Kindern und Jugendlichen tatsächlich die Risiken negativer und belastender Online-Erfahrungen verringern, ist den Forscherinnen zufolge wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen. Es besteht weiterhin Bedarf an Untersuchungen, die von dem engen Zusammenspiel zwischen elterlichem Erziehungsverhalten und den Nutzungsinteressen ihrer Kinder, also vom konkreten Alltag in Familien ausgehen und dann untersuchen, welchen Beitrag technische Hilfsmittel dabei leisten können. Vor dem Hintergrund des Forschungsstands formulieren die Autorinnen einige Empfehlungen für Eltern und Medienanbieter.

Die Ergebnisse des Berichts fügen sich in die Erkenntnisse von Untersuchungen des Hans-Bredow-Instituts ein: Ein Team des Instituts hatte 2015 Eltern gefragt, ob und wie sie technische Hilfsmittel zur Medienerziehung in den Familienalltag integrieren. Insgesamt ist der Einsatz solcher Hilfsmittel recht selten. Die Gründe, aus denen sich Eltern gegen den Einsatz technischer Hilfsmittel entscheiden, sind vielfältig: Auf der einen Seite sind einige Eltern von den Alltagsanforderungen so belastet, dass die Medienerziehung auf der Strecke bleibt. Auf der anderen Seite laufen Verbote und die Einschränkung bestimmter Internetinhalte oder Apps den Ansprüchen elterlicher Medienerziehung häufig entgegen.

Diese Eltern bevorzugen zeitliche Begrenzungen der Mediennutzung und bemühen sich um ein durch gegenseitiges Vertrauen geprägtes Miteinander der Familienmitglieder. Eingriffe in die Privatsphäre der Heranwachsenden werden von vielen Eltern kritisch gesehen oder gänzlich abgelehnt. Darüber hinaus zeigte sich bei den meisten Eltern ein hoher Bedarf an medienpädagogischen Informations- und Unterstützungsangeboten, die auch zeigen, in welchen Situationen technische Hilfsmittel in der Medienerziehung sinnvoll eingesetzt werden können.

Weiterführende Informationen:

Der englischsprachige Bericht „Parental controls: Advice for Parents, Researchers and Industry“ fasst vorliegende englischsprachige Erkenntnisse zum Einsatz von technischen Hilfsmitteln zur Medienerziehung zusammen und formuliert Empfehlungen für einen sinnvollen Einsatz dieser Hilfsmittel, für künftige Untersuchungen und für die Weiterentwicklung von technischen Hilfsmitteln.
Der vollständige Bericht ist unter http://eprints.lse.ac.uk/65388/ verfügbar.

Die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung des Hans-Bredow-Instituts, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wurde, stehen unter http://www.hans-bredow-institut.de/webfm_send/1107 zum Download zur Verfügung.

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